In 2023 kommt die Digitale Rentenübersicht. Zum ersten Mal erhalten alle Bürgerinnen und Bürger einen (nahezu) vollständigen Überblick über ihre Altersvorsorge – und das in digitaler Form und säulenübergreifend für die gesetzliche Rente, betriebliche Altersversorgung und private Vorsorge.
Die vorbereitende erste Betriebsphase hat am 16.12.2022 begonnen; erste Abfragen durch die Bürgerinnen und Bürger werden voraussichtlich im Sommer 2023 möglich sein. Der offizielle Start folgt Ende des Jahres. Damit ist die Digitale Rentenübersicht ein nie dagewesener Digitalisierungsschub für die Altersvorsorgebranche.
Ein einfaches Thema für die privaten Altersvorsorgeeinrichtungen, müsste man meinen: Es ist nur ein weiterer Meldeprozess neben der Vielzahl an Meldungen, die es heute schon gibt (Riester, Rentenbezugsmitteilung, Geldwäsche etc.). Und: Es wird nur eine überschaubare Menge an Daten übermittelt – im Wesentlichen Daten, die die Kunden bereits heute in ihren jährlichen Mitteilungen erhalten.
Schwierigkeiten liegen im Detail
Was macht die Umsetzung der DRÜ im Detail so schwierig? - Mal abgesehen von der Notwendigkeit, die Daten on-the-fly bei einer eingehenden Anfrage in Sekunden zurückzusenden.
- Daten müssen aus (in der Regel) mehr als einem System bereitgestellt werden. Bei vielen in die Jahre gekommenen Anwendungen werden die Druckdaten nur temporär erzeugt und müssten bei einer Anfrage erst aufwendig rekonstruiert werden. Dabei ist darauf zu achten, dass die Daten jenen entsprechen, die der Kunde oder die Kundin zuletzt erhalten haben (auch wenn seitdem bereits Beiträge gezahlt oder technische Vertragsdaten geändert wurden).
- Mitnichten ist der komplette Bestand zu melden. Alte kapitalbildende Lebensversicherungen mit Ablauf vor Alter 60 sind genauso wenig relevant wie Verträge in der Rentenbezugsphase. Aber wie geht man mit Verträgen um, die einen flexiblen Ablauftermin haben?
- Ein spezielles, aber komplexes Thema ist die betriebliche Altersversorgung: Liegen für einen Versorgungsanwärter mehrere Verträge vor, die gebündelt zu einer Versorgung gehören und für die nur eine Renteninformation erstellt worden ist, ist auch nur ein Dokument bei einer Anfrage zu übermitteln. Verträge zur Rückdeckung von Zusagen (z. B. im Rahmen einer Unterstützungskasse) sind Stand heute auch nicht zu melden.
- Neben der Abgrenzung, welche Verträge überhaupt relevant sind, müssen Tarife kategorisiert und Zusatzleitungen gekennzeichnet werden. Nicht jede Hinterbliebenenleistung findet sich in den Vertrags- oder Produktdaten wieder, sondern steht allein in den AVB und wird bei Bedarf manuell bearbeitet. Steueridentifikationsnummern (Steuer-ID) zu allen Altersvorsorgeverträgen müssen ermittelt und nachgehalten werden. Es steht also auch viel Fleißarbeit an.
Neugeschäfts- und Ablaufprozesse mit der DRÜ koppeln
Viele Projekte starten jetzt im Jahr 2023 bzw. werden aktuell geplant. Damit werden bis zum Produktivgang bereits ein Großteil der Standmitteilung gedruckt sein, die bei Anfragen nach dem offiziellen Start Ende des Jahres übermittelt werden müssen. Zu dem eigentlichen Umsetzungsaufwand kommen damit noch Aufwände für die Nachermittlung der Daten und Dokumente. Im laufenden Betrieb müssen Neugeschäfts- und Ablaufprozesse mit der Digitalen Rentenübersicht gekoppelt sein.
Umsetzung im Fokus von Verbraucherschützern
Verbraucherschützer werden ein Augenmerk darauf haben, in welcher Qualität die Daten am Ende vorliegen und werden auch einen Blick auf die mit zu übermittelnden barrierefreien PDF-Standmitteilungen werfen. Ein kritischer Blick auf die Daten und die Inhalte der Dokumente sollte in jedem Projekt Pflicht sein.
Ein Kommentar von Dr. Andreas Seidel, Aeiforia GmbH